Welche Folgen ein Beißvorfall haben kann und was du beachten musst, erfährst du in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Schnell ist es passiert: Dein Hund hat einen Menschen gebissen! Das erlebte ich selbst im Jahr 2014. Ein Hund kam zu meiner Hundegruppe auf dem Hundeplatz dazu und hat alle zur Begrüßung unfreundlich aufgemischt. Eine Hündin ließ sich das unverschämte Verhalten des Rüden nicht gefallen, rannte dem Pöbelrüden hinterher und wehrte sich.
Dummerweise stand ich genau in dem Moment in der Schusslinie, so dass die sich wehrende Hündin mich am Knie erwischte anstatt den Hund. Das Resultat nach dem anschließenden Krankenhausaufenthalt sah dann so aus:
Die Hündin hatte mich mit ihrem Eckzahn am Knie erwischt. Das tat nicht mal sonderlich weh, es war eher wie ein dumpfer Schlag.
Meine Jeans färbte sich knieabwärts sofort rot. Über meinem Knie klappte ein großes Stück Fleisch hinunter, was ein bisschen eklig aussah.
Das Entsetzen der Anwesenden auf dem Platz war groß und ich wurde sofort versorgt mit einem Druckverband. Ich wollte nicht mal zum Arzt, weil es nicht sonderlich weh tat. Doch ich wurde letztendlich ins Krankenhaus chauffiert, wo man die Wunde behandelte und mir vorsorglich eine Tetanusspritze verpasste.
Im Krankenhaus musste ich den Vorfall genau beschreiben. Auch sollte ich die Personalien der Besitzerin angeben und ich wurde gefragt, ob der Hund gegen Tollwut geimpft war. Ein Beißvorfall muss nämlich grundsätzlich gemeldet werden.
Eine ärztliche Behandlung ist bei allen die Haut durchtrennenden Wunden nötig. Durch einen Hundebiss können zahlreiche Bakterien in die Wunde gelangen, die man ernst nehmen muss. Ist der Halter des Hundes, der zugebissen hat, bekannt, so muss dieser eine Tollwutimpfung seines Hundes nachweisen können.
Klar im Vorteil sind Hunde, bei denen man eine aktuell gültige Tollwutimpfung belegen kann. Gemäß Tollwutverordnung müssen nicht geimpfte Hunde bei begründetem Tollwutverdacht eingeschläfert werden. Der Grund liegt darin, dass Tollwut nur im Gehirn nachgewiesen werden kann und dazu müsste der Hund tot sein.
Rechtliche Grundlagen
Nach einem Beißvorfall mit einem Hund können im schlechtesten Fall drei rechtliche Rubriken zum Tragen kommen:
Zivilrecht
Im Bereich des Zivilrechts hat der Geschädigte Ansprüche aus Tierhalterhaftung. Wenn man eine Tierhalterhaftpflichtversicherung hat, kümmert diese sich um die Angelegenheit und man muss sich diesbezüglich keine weiteren Sorgen machen.
Selbst wenn der Geschädigte später klagen sollte, ist man über die Versicherung indirekt „rechtsschutzversichert“, da die Versicherung die Kosten des Verfahrens übernimmt.
Strafrecht
Wurde ein Mensch verletzt, könnte ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung auf einen zukommen, sofern Strafantrag gestellt wurde oder die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse bejaht. Ist im schlimmsten Fall ein Mensch zu Tode gekommen, dann wird gegen den Halter ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung höchstwahrscheinlich eingeleitet.
Wenn die Polizei direkt zum Geschehen gerufen wurde oder du Post von der Polizei zur Beschuldigtenvernehmung erhältst, gilt das oberste Gebot: Schweigen zur Sache!
Verwaltungsrecht
Wenn das Veterinäramt oder Ordnungsamt von einem Hundebeißvorfall Kenntnis erlangt, überprüft dieses den Sachverhalt aus verwaltungsrechtlicher Sicht. Dann erhält man einen sogenannten Anhörungsbogen. Zu diesem kann, muss man sich aber nicht äußern. Auch hierbei wäre es sinnvoll, zunächst Akteneinsicht zu beantragen (kann durch dich selbst oder einen Anwalt erfolgen), bevor du dich äußerst.
Ergeht gegen dich ein Bescheid, welcher mit Auflagen verbunden ist (z. B. Leinen- und Maulkorbzwang), kannst du dagegen Rechtsmittel einlegen. Für das Widerspruchsverfahren solltest du selbst oder ein Anwalt (erneut) Akteneinsicht beantragen, um dir ein umfassendes Bild machen zu können.
Nach einem Beißvorfall, bei dem ein Mensch oder ein Tier verletzt wurden, kommt es häufig zu einer Anzeige bei der Polizei- bzw. Ordnungsbehörde. Nach einer Anhörung wie es zum dem Beißvorfall kam, entscheidet die zuständige Behörde, ob der Hund aufgrund der Aussagen zum Beißvorfall als gefährlich einzustufen ist. Hier werden die jeweiligen Landeshundegesetze und Gefahrhundeverordnungen als Grundlage genommen.
Bei der Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes darf die Behörde Maßnahmen und Auflagen für die weitere Haltung des Hundes verhängen. Näheres dazu findest du weiter unten im Artikel.
Gefährdungshaftung
Mit dem Begriff Gefährdungshaftung bezeichnet man die Pflicht des Hundebesitzers, für jeden Schaden zu haften, den der Hund verursacht. Dabei spielt es keine Rolle, ob den Halter selbst auch Schuld an dem Schaden trifft.
Das bedeutet also, dass du als Hundebesitzer auch für durch deinen Hund entstandene Schäden aufkommen musst, auch wenn du selbst nicht fahrlässig gehandelt hat. Beispielsweise haftest du, wenn ein Freund oder eine Freundin mit deinem Hund spazieren geht oder ihn betreut und es zu einem Beißvorfall kommt. Du haftest sogar dann, wenn dein Hundesitter nicht richtig aufgepasst oder falsch gehandelt hat.
Dass du für Schäden haften musst, die du nicht selbst verschuldet hast, wird dadurch gerechtfertigt, dass der bloße Besitz eines Hundes prinzipiell bereits eine Gefahr für das nähere Umfeld darstellt.
Im Falle eines Mitverschuldens muss der Geschädigte allerdings einen Teil des Schadens oder möglicherweise sogar den ganzen Schaden selbst tragen. Dies muss natürlich erst bewiesen werden. Die Schadensersatzpflicht für dich als Hundehalter umfasst sämtliche Schäden, die durch den Hund verursacht wurden, auch Schmerzensgeldanspruch. Ein vertraglicher Haftungsausschluss zum Beispiel mit einem Dogwalker oder Hundesitter ist grundsätzlich möglich.
Gefährlicher Hund
Als gefährliche Hunde im Sinne der Polizeiverordnung über das Halten gefährlicher Hunde gelten Hunde, die, ohne Kampfhunde zu sein, aufgrund ihres Verhaltens die Annahme rechtfertigen, dass durch sie eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren besteht.
Als gefährliche Hunde werden Hunde bezeichnet, die
bissig sind,
in aggressiver oder gefahrdrohender Weise Menschen oder Tiere anspringen oder
zum unkontrollierten Hetzen oder Reißen von Wild oder Vieh oder anderen Tieren neigen.
Es muss aber noch nicht mal ein Beißvorfall vorgelegen haben, dass ein Hund als gefährlicher Hund eingestuft wird. Es kann schon genügen, dass sich ein Nachbar von deinem Hund bedroht fühlt, weil dieser hinterm Zaun knurrt oder den Nachbarn zur Begrüßung immer anspringt.
Vielleicht tut dein Hund dies aus Freude oder Übermut. Doch wenn der angesprungene Mensch deswegen Angst hat und sich bedroht fühlt, dann könnte dein Hund nach Überprüfung seines Wesens als gefährlich eingestuft werden.
Auflagen für gefährliche Hunde
Die Maßnahmen, die nach einem Beißvorfall bzw. der Einstufung als gefährlicher Hund erteilt werden, richten sich nach dem jeweils geltenden Landeshundegesetz deines Bundeslandes.
Jeder Hundehalter - auch der von kleinen und sonst folgsamen Hunden - kann, nachdem ein Beißvorfall gemeldet wurde, davon betroffen sein, dass sein Hund als „gefährlich“ eingestuft werden wird. Meist werden aufgrund eines Beißvorfalls zuerst „sanfte“ Auflagen zur Hundehaltung erteilt, zum Beispiel Leinenpflicht. Die Behörden besitzen einen Ermessensspielraum, in dem sie sich bewegen dürfen.
Die meisten Unfälle passieren übrigens, weil der Hundehalter sich nicht über die Bedürfnisse seines Hundes im Klaren ist oder rassespezifische Verhaltensweisen unterschätzt.
Je schwerer der Beißvorfall war, aufgrund dessen eine Einstufung als „gefährlicher“ Hund erfolgt, umso härter können die Auflagen zur Hundehaltung und Maßnahmen der Behörde ausfallen. Bei der Beurteilung von Beißvorfällen muss der gesamte Ablauf des Geschehens einschließlich der Begleitumstände erfasst werden.
Folgende Auflagen zur Hundehaltung können nach einem Beißvorfall auferlegt werden:
Leinenzwang (der Hund ist an der kurzen Leine zu führen)
Maulkorbzwang (eine Maulschlaufe ist nicht ausreichend)
Maulkorb – und Leinenzwang
Wesenstest: Gutachten, welche die Gefährlichkeit des Hundes widerlegen soll.
Sachkundenachweis des Hundehalters
Führen des Hundes nur durch Personen erlaubt, die körperlich in der Lage sind, den Hund zu führen und die das 18. Lebensjahr vollendet haben
Verbot der Führung des Hundes durch bestimmte Personen
Ausbruchssichere Haltung des Hundes auf einem Grundstück. Auflage zum Beispiel: ausreichende Höhe eines Zaunes oder eine Durchgangsschleuse
Haltungsuntersagung des Hundes mit der Konsequenz der Beschlagnahmung und Unterbringung in ein Tierheim zwecks Weitervermittlung an neue Hundehalter
In schweren Ausnahmefällen auch die Anordnung der Euthanasierung des Hundes
Fazit
Wir möchten nicht, dass unser Hund Menschen oder Tiere gefährdet. Wir möchten keine Auflagen zur Hundehaltung erfüllen müssen. Wir möchten einfach nur ein schönes, harmonisches und zufriedenes Zusammenleben mit unserem Hund. Deswegen nehme Rücksicht auf andere Menschen, achte darauf, dass dein Hund keine Tiere, Nachbarn, Passanten und wer sonst noch so deine Wege kreuzt belästigt.
Achte umgekehrt auch darauf, dass dein Hund nicht "belästigt" wird. Nicht jeder Hund mag von fremden Menschen oder Kindern gestreichelt werden. Viele Hunde, besonders die unsicheren Exemplare, fühlen sich von Fremden schnell bedroht.
Achte also genau auf die Beschwichtigungssignale deines Hundes und bringe ihn aus der Situation, wenn ihm etwas zu viel wird. Lese dazu auch den Beitrag über den Umgang von Kindern mit Hunden.
Mein herzliches Danke geht an Tatjana von Jutrzenka, die einen großen Teil zu diesem Artikel beigetragen hat.
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